Unterwegs.

Fernwanderung: Drei Wochen durch Ryfylkeheiane und Hardangervidda

#lyse2sognefjord — Bericht von meiner Tour vom Lysefjord zum Sognefjord im August 2020

Meine Beschreibung der Tour mit GPS-Daten auf Outdooractive

Der Charakter der Tour

Die Tour hat grob drei Abschnitte:

  1. In neun Tagen durch Ryfylkeheiane bis Haukeliseter, wo man in der bewirtschafteten Hütte gut einen Pausentag einlegen kann. Einsame, immer felsige, teilweise alpine Landschaft, die schier kein Ende nimmt.
  2. In fünf Tagen durch die Hardangervidda bis zum “Liseth Pensjonat”, wo der Vøringsfossen ebenfalls zu einem Pausentag einlädt. Höhepunkt: Besteigung des prägnanten Hårteigen mit fast 1.700m Höhe.
  3. In drei nicht mehr allzu langen Wandertagen durch eine besonders einsame Gegend bis nach Hallingskeid, wo man mit der Bahn nach Bergen oder Oslo abreisen kann. Oberhalb des Simadals eröffnen sich auf dieser Etappe fantastische Tiefblicke in den Fjord, auf der anderen Seite das Panorama des Hardangergletschers.

Durch den Start am Ende des Lysefjords und das Ende in der Nähe des Aurlands-/Sognefjords ist eine An- und Abreise ohne Auto, vorwiegend mit Fähren, teils auch mit Zug/Bus sehr gut möglich und bietet einen besonderen Reiz.

Gehen. Einfach immer weiter.

Abschnitt 1: In 9 Tagen durch Ryfylkeheiane

Da geht’s drüber.

Zwischendurch wandert man über schier endlose felsige Hochflächen, an riesigen Findlingen, Seen und Bächen entlang unter einem fantastischen, weiten Horizont. Viele Tage waren wirklich anstrengend, da es stets hinauf, hinab, durch Feuchtgebiete, über Steine und über Bäche geht. Erst ab dem dritten Tag habe ich einen Rhythmus gefunden und bin früh aufgebrochen, zügig gegangen, habe auf regelmäßiges Essen und ausreichend Pausen geachtet und war dann meist am Nachmittag recht früh an dem Ort, an dem ich übernachten wollte. Ich konnte so in Ruhe das Zelt aufstellen, etwas kochen und herumliegen und mich einfach nur erholen und — gucken. Um neun Uhr abends war ich dann meist so müde, dass ich eingeschlafen bin. Und so wachte ich fast jeden Tag gut erholt um 5:50 Uhr auf (echt!) und konnte mir eine schöne norwegische Hafergrütze und einen Kaffee zum Frühstück köcheln und früh losgehen. Man lernt, auf seinen Körper zu hören und ihn gut zu pflegen.

Abschnitt 2: In 5 Tagen durch die Hardangervidda

Blick vom Hårteigen.

Auch hier gab es in diesem Jahr noch besonders viel Restschnee, doch normalerweise erleichtert es sogar das Wandern, wenn man auf den recht flachen Schneefeldern einfach der Luftlinie folgen kann. Ich hatte nur immer Respekt, wenn das Feld zu steil und lang wurde, im eisigen See endete oder brüchig aussah. Dann bin ich auch mal umständlich über Berggipfel geklettert, um Gefahrenstellen zu umgehen. Bei besonders großen Feldern oder bei Nebel war es manchmal nicht einfach, die Wegführung zu erkennen, dabei half mir eine digitale Karte auf dem Smartphone oder auf dem Garmin, da sieht man genau, in welche Richtung man weiter muss.

Abschnitt 3: In 3 Tagen bis nach Hallingskeid

Von Liseth kommt man über eine Hochfläche zum Simadal, das Ende des Simafjords. Man steigt kurz auf 800m hinab, um dann gleich auf 1.100m aufzusteigen auf den Gipfel des Bergs, der das Tal abschließt. Wenn man dort sein Zelt aufschlägt, hat man ein unglaubliches Panorama! Am nächsten Tag geht es mit Blick auf den Hardangergletscher weiter und dann nicht zur Rembedalseter-Hütte, auf der die Gletscher-Umrunder übernachten, sondern direkt ins Nichts auf den 7h-Abschnitt zur Hallingskeid-Hütte. Mein Zeltplatz an einem namenlosen See auf der Hälfte dieser Strecke war der einsamste Fleck der ganzen Tour. Da kann man nachmittags zum Abkühlen ohne Bedenken nackig in den See springen. ;-)

Der letzte Wandertag brachte mich nach Hallingskeid, einer Berghütte mit Haltepunkt der Bergenbahn, am bekannten Radwanderweg Rallarvegen gelegen. Hier hatte ich wieder Netz und konnte mich auf die Rückkehr in die Zivilisation vorbereiten.

Die Rückreise als Erlebnis- und Erholungsprogramm

Was ich auf dieser Wanderung gelernt habe

Die bewirtschaftete Litlos-Hütte auf der Hardangervidda.

Extrem wichtig war für mich die Flexibilität, umplanen zu können. Alles auf der Basis sehr guter Informationen: Streckenzustand, Verkehrsverbindungen, Karte, Wetterbericht, das musste ich laufend prüfen und die Tour anpassen. Essen war in den Hütten meist beliebig verfügbar — das ist schon eine tolle Einrichtung. Dazu die Sicherheit, eine gute und verlässliche Ausrüstung und auch für den Fall der Fälle ein Satelliten-Notrufsystem zu haben, damit mich Rettungskräfte rausholen können. Konzentration an schwierigen Stellen, Vorsicht, Geduld, Ausdauer — das alles hat mich die Tour gelehrt. Vielleicht mache ich nächstes Jahr doch etwas weniger Anspruchsvolles … Allerdings: Das Erlebnis dieser großartigen Landschaft und die Erfahrung meiner eigenen Fähigkeiten machen mich dankbar, dass ich diese Route, die ich mir ganz allein zusammengestellt hatte, gehen konnte.

Übrigens hat Norwegen heute angekündigt, dass deutsche Touristen ab dem 1. September nicht mehr ohne Quarantäne einreisen können — was habe ich für ein Glück gehabt, in diesem Jahr #lyse2sognefjord machen zu können!

PS: Für Interessierte, die gerne eine ähnliche Tour gehen wollen, gibt es hier etwas Fernwanderungsausrüstungsgeflüster: Was hatte ich dabei? Womit war ich zufrieden, was würde ich nicht mehr mitnehmen?

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